Naturnaher Weinbau sichert Lebensqualität, Fläsch, CH

Fläsch ist eines der 5 Dörfer der Bündner Herrschaft, in denen mildes Klima, Föhn und kalkhaltige Böden Gunstlagen für den Weinbau bieten. Auf den Südhängen im Churer Rheintal der insgesamt 70 Bündner Winzer gedeihen nicht nur 42 Rebsorten, sondern werden vor allem hervorragende Blauburgunder gekeltert und ausgebaut. Naturnahe Bewirtschaftung und klein gehaltenen Erträge machen die Weine weit über die Grenzen der Schweiz hinaus berühmt. Was aber Fläsch von den anderen Gemeinden unterscheidet, ist das spezielle Augenmerk auf die Siedlungsentwicklung und das Bewahren und Schaffen von naturnahen Grünräumen bis mitten ins Dorf.

In den 1960er/70er Jahren wurde durch eine Gesamtmelioration die Basis für einen wirtschaftlichen, nachhaltigen Weinbau geschaffen – aus den 3 Weinbaubetrieben wurden 14 Weingüter. Im Zuge der Nutzungsentflechtung wurden mittels umfassender Umlegungen große, zusammenhängende Anbauflächen geschaffen. Dies erleichterte die Bewirtschaftung, ermöglichte das Anlegen eines Flurwegnetzes und das Regeln des Wasserhaushalts. Als Reaktion auf den bedrohlich steigenden Siedlungsdruck und den zunehmenden Bau an Einfamilienhäusern, verabschiedete 2008 die Politik am Ende eines längeren Prozesses einen revidierten Ortsplan, der ein qualitätsvolles Weiterstricken am gewachsenen Dorfbild zuließ. Die Einwohner*innen von Fläsch entwickelten gemeinsam mit Architekt*innen, Dozent*innen und Student*innen der HTW Chur, Planer*innen des Kantons und privaten Planungsbüros, mit dem Bündner Heimatschutz und dem Umweltverband einen strategischen Richtplan, der die Qualitäten des intakten Dorfbildes wertschätzt, wertvolle Grünräume im Siedlungsraum sichert und dennoch Zuzug und Nachverdichtung ermöglicht.

Das bäuerlich geprägte Fläsch bietet auch mitten im Ort eingefasste Obst- und Rebgärten. Die grünen Finger von Bungert (Baumgarten) und Wingert (Weingarten) sind charakteristisch, sie bilden markante Korridore und Trittsteine im dichten Siedlungskörper, sind lebendiges Habitat für Insekten und Pflanzen aller Art. Sie sind Kernstück des neuen Zonenplanes, werden zur Grünzone umgemünzt und dürfen nicht mehr überbaut werden. Wer seinen Bungert der Gemeinde abtrat, erhielt die gleiche Fläche Bauland in zwei zur Verdichtung vorgesehenen Bauzonen am Dorfrand. Wer im Besitz des Wingerts bleiben wollte, erhielt Bauland im Gegenwert von 70% seiner Fläche. Die Dorfmitte bleibt mit Wiesen durchgrünt, am Rand wird Dorf gebaut – ein Paradigmenwechsel. Maria Lezzi, damalige Direktorin des Bundesamts für Raumplanung: „Was in Fläsch geschehen ist, ist innovativ, praktisch und gut. Fläsch ist es gelungen, die Ziele und Grundsätze der nachhaltigen Raumplanung umzusetzen.“ Diese Pioniertat wurde 2010 mit dem Wakkerpreis des Schweizerischen Heimatschutzes belohnt – über Nacht wurde Fläsch zum „wakkeren“ Weindorf mit nationaler Vorbildwirkung.

Bild 2: © Werner Legler

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